Day 1
Lenggries -> Plumsjochhütte - 1200 hm - 56 km

Unsere Tour begann in Lengries, am nördlichen Rand der Alpen. Stop! Wir mussten ja erst mal überhaupt bis nach Lengries kommen. Also nochmals von vorne. Markus und ich trafen uns am Münchner Hauptbahnhof um von dort aus gemeinsam weiter zu fahren. Ich durfte gleich noch einen kurzen Aufwärmsprint hinlegen um noch eine Fahrradkarte für das MVV-Gebiet zu ergattern. Sogleich ging es dann mit der Bayerischen Oberland Bahn (kurz BOB genannt) weiter nach Lengries, wo wir vor einer Metzgerei erst mal ordentlich Brotzeit machten. Nun konnte es aber wirklich losgehen!
Um die Beine an das Treten zu gewöhnen ging es erst mal gemütlich an der Isar entlang hoch zum Sylvensteinstausee. Bei Vorderriß zweigen wir dann rechts ins Engtal ab und fahren entlang saftiger Bergwiesen bei geringer Steigung bis kurz vor Talschluß. Dort ist es dann zu Ende mit gemütlichem radeln, denn wir verlassen die Teerstraße und zweigen links Richtung Plumsjoch ab. Eine Schotterpiste mit relativ angenehmer Steigung bringt uns in mehreren Serpentinen rasch hoch zur 1630 m hoch gelegenen Pumsjochhütte. Diese entpuppt sich als relativ kleine, aber umso urigere Privathütte, in der außer uns nur noch zwei weitere Gäste übernachten. Die Aushilfswirte (der eigentliche Wirt befand sich im Urlaub) servierten uns ein reichhaltiges Abendessen, was wir mit zwei Stück Kuchen noch komplettierten. Danach entwickelte sich ein richtig gemütlicher Hüttenabend mit Akkordeon, jeder Menge Lästerei über den Hüttenwirt ("... ich bin nicht der Erwin") und einem total betrunkenen Koch. Mit etwas zuviel Bier landen wir dann gegen 12 im Bett.

Day 2
Plumsjochhütte -> Vorderlanersbach - 1850 hm - 69 km

Am nächsten Morgen erwartete uns dann ein Frühstück mit echter Alm-Butter und frischer Semmel :o) - nochmals Danke hierfür. Bei dichtem Nebel radelten wir noch die letzten paar Meter bis zum Plumsjoch hoch und begaben uns dann auf unsere erste Abfahrt. Die sehr steile grobschottrige Piste nötigte uns stellenweise bis auf Schritttempo herunterzubremsen, war aber ansonsten problemlos zu fahren. Auf halber Strecke zur Gernalm riß dann der Nebel schlagartig auf und wir konnten die Strecke nochmals von unten begutachten. Wir rollten rechts am Achensee vorbei und schossen dann mit Highspeed hinunter ins Inntal, wo wir auf Nebenstraßen bis Pill gelangten. Dort legten wir eine kurze Pause zur Stärkung ein, bevor wir die steile Teerstraße hinauf nach Weerberg in Angriff nahmen. Die Straße zog sich mit gleichmäßig hoher Steigung bis zum Gasthaus Innerst, von wo an dann ein nicht weniger steile Schotterweg bis zur Weidener Hütte führte. Von dort aus führte uns ein schmaler, gut fahrbarer Wanderweg über mehrere Serpentinen hoch zum Geiseljoch. Von der schönen Landschaft sahen wir aufgrund des immer stärker werdenden Nebels nicht viel. Und so machten wir uns auch rasch wieder an die Abfahrt nach Vorderlahnersbach im Tuxer Tal. Dort fanden wir ein sehr günstiges Zimmer und erhielten drei Essenstips von der Hausherrin. Zum Glück hatte "Klein und Fein" geschlossen, denn wir hatten einen großen Hunger. Statt dessen ließen wir uns in der Tuxer Grillküche mit leckerem Essen verwöhnen, bevor wir Tod ins Bett fielen.

Day 3
Vorderlanersbach -> Gossensaß - 2300 hm - 74 km

Nach einem reichhaltigen Frühstück fanden wir zwar unsere Räder nass vor, dafür lachte die Sonne auf uns herab - es schien ein guter Tag zu werden. Wir radelten das Tal entlang bis nach Hintertux, immer den herrlich schimmernden Tuxer Gletscher direkt im Blick. Am Ortseingang bogen wir dann auf einen netten Wanderweg zur Bichelalm ab, wo sich einige freche Kühe auffällig für mein Rad interessierten und anfingen am Sattel zu lecken. Scheinbar hat das meinem Bike gar nicht so gefallen, denn kurze Zeit später fing die Kette an zu zicken und gab schließlich ein Stück unterhalb der Seilbahnstation komplett den Geist auf. Uns blieb nichts anderes übrig als bis aufs Tuxer Joch zu schieben. Dies war doppelt ärgerlich, da wir durch die Seilbahn bedingt jede Menge Zuschauer hatten. Wir wärmten uns auf der Hütte mit leckeren Suppe und genossen das tolle Panorama der Zillertaler Berge. Auf der Abfahrt ins Schwinntal versuchten wir im oberen Teil noch im Sattel zu bleiben und tasteten uns vorsichtig über teilweise recht groben Fels. Spätestens als dann der Weg in unangenehme Treppenstufen überging, gaben wir auf und schoben den Rest - mit ungläubigem Kopfschütteln über Leute die behauptet hatten: Alles fahrbar! Als wir talauswärts rollten begegneten wir der einzigen unfreundlichen Wanderin dieser Tour und gelangten schließlich nach St. Jodok. Dort fanden wir zum Glück in einem unscheinbar wirkenden Kellerraum Günther Maders MTB-Verleih. Der nächste Bike-Service wäre erst in Sterzing gewesen. Der Vater des ehemaligen Skiprofis montierte mir eine neue Kette und nach einem kurzen Plausch konnte es weiter gehen Richtung Brenner-Grenzkamm. Zuerst führte uns der Weg auf Asphalt hoch nach Vianders und von dort aus über einen netten Fahrweg bis zur Sattelbergalm. Maders Empfehlung dort zu übernachten erwies sich allerdings als Fehlinformation, da die Alm einen Tag zuvor geschlossen hatte. Dafür bekamen wir von einem Arbeiter, der gerade noch den Zaun reparierte eine Apfelschorle geschenkt, sowie die Information, dass der berüchtigte Bauer bereits im Tal sei. So konnten wir beruhigt Richtung Grenze radeln ohne mit laufender Kettensäge um Wegegeld erpresst zu werden. Nach der kurzen Offroad-Einlage über die Grenze folgte ein sehr schönes, wenn auch steiles Wegstück durch den Wald hoch zum Sattelberg. Der einzige Mensch, dem wir hier begegneten war ein illegaler Pilzsammler, der uns voller Stolz seine "Errungenschaften" präsentierte. Kaum waren wir über die Baumgrenze hinweg, blies uns ein eisiger Wind entgegen. Deshalb fiel unsere Rast bei einer der Befestigungsanlagen aus dem 2. Weltkrieg nur recht kurz aus und wir machten gleich wieder auf den Weg über die Brenner-Grenzkammstraße. Dieser militärische Nachschubweg zieht sich knapp unterhalb des Grates am Hang entlang und bietet ein tolles MTB-Erlebniss mit herrlichem Panorama - bei schönem Wetter versteht sich. Bei uns zog sich der Nebel immer mehr zu, leichter Nieselregen ging in Schneegraupel über und der Wind tat sein übriges. Aufgrund der mageren Sicht und einer ziemlich ungenauen Karte, verpassten wir auch noch die richtige Abfahrt, so dass wir einige Kilometer zu viel strampelten. Erst bei Dunkelheit erreichten wir Gossensaß, wo wir im Hotel Moorwirt eine Bleibe fanden. Eine Pizza und ein riesiger Salatteller stimmte uns nach diesen Strapazen wieder versöhnlich.

Day 4
Gossensaß -> Pfunders - 2350 hm - 45 km

"Übers Schlüsseljoch - das tät ich Euch nicht empfehlen" lauteten die Worte des Moorwirts nach dem Frühstück. Wir ließen uns aber nicht von unserem Plan abbringen und starteten nach einem kurzen Einkauf dennoch auf der Brennerstraße Richtung Brennerbaad. Eine angenehme Piste führte uns hoch bis zur Enzianhütte, wo wir auf eine entlaufene Kuh und zwei lustige Gesellen aus Krün traffen. Von der Ehefrau verlassen vergnügten die sich schon morgens um 11 Uhr mit Weißbier und Speckknödelsuppe (mit zwei Knödleln!). Auch ihrem Rat, lieber den Mädels hinterher zu radeln anstatt auf irgendwelche Berge, kamen wir nicht nach. Nach einem Apfelstrudel ging es auf einer verfallenen Militärstraße hoch zum Schlüsseljoch, wo wir mit einer guten Sicht aufs Pfunderer Joch belohnt wurden. Auch hier blies der Wind allerdings ziemlich unangenehm, so dass wir zügig die geile Abfahrt ins Pfitscher Tal in Angriff nahmen. Nachdem ich die komplette Abfahrt auf Schotter heil überstanden hatte, kam ich unten auf ebener Teerstraße zu Fall. Eine Reifenpanne mitten in der Kurve war der Auslöser. Sobald der Reifen geflickt war und die Wunden etwas Desinfektionsspray abbekommen hatten, konnte es dann auch schon wider weiter gehen. Das Punderer Joch wartete auf uns. Um diese Auffahrt zu beschreiben genügt eigentlich ein Wort: SAUSTEIL !!! Die Steigung liegt durchwegs knapp unter Maximum und es gibt so gut wie keine Flachstellen um sich etwas zu erholen. Wir mussten öfters mal ne kurze Schiebepause einlegen, auch wenn ich unserem Freund Joe zustimmen muss, dass es "theoretisch" alles fahrbar gewesen wäre ;o). Das Wetter wurde zunehmend schlechter, je höher wir kamen. Unsere einzigen Wegbegleiter auf diesem sehr einsamen Weg waren zahlreiche Murmeltiere, die uns zu bemitleiden schienen. Die eisig kalte Passhöhe mit ihrem Schneefeld ließen wir schnell hinter uns und begaben uns auf einen tollen Trail bergabwärts. Der einsetzende Nieselregen machte den Untergrund allerdings sehr sehr glitschig, so dass wir vor der Weitenbergalm eine längere Schiebepassage einlegen mussten. Selbst bei gutem Wetter wäre dieses Stück eine extreme Herausforderung gewesen. Von der Alm an ging es auf angenehmen Fahrwegen flott hinunter nach Punders - nur einmal ausgebremst von einer Traktor-Kolonne, die wir erst an einem Weidegatter überholen konnten. Die erste Unterkunft am Weg, die noch offen hatte war die Albergo Brugger. "Wenn ihr noch was zu essen wollt, dann beeilt euch!" hieß es dort. Dies machten wir, überfluten dabei wegen der etwas eigenwilligen Dusche das halbe Bad und bekamen dann doch noch was warmes zu Essen. Nach ein wenig Aktenzeichen XY fielen wir dann todmüde in das recht bequeme Bett.

Day 5
Pfunders -> Fanes Hütte - 1700 hm - 61 km

Da die letzten beiden Etappen doch sehr kräftezehrend waren und Markus etwas kränkelte, beschlossen wir diese Etappe etwas ruhiger angehen zu lassen und schliefen erst mal aus. Nach einem reichhaltigen Frühstück und einem kurzen Check unserer Bikes konnte es weiter gehen. Wir fuhren ins Pustertal ab und kauften in Vintl ein wenig Proviant für diesen Tag. Danach ging es bei strahlendem Sonnenschein auf einem angenehmen Radweg das Tal entlang bis St. Lorenz. Von dort aus zweigten wir auf die Panoramastraße nach St. Vigil ab. Entgegen der Karte, die eine relativ gleichmäßige gemächliche Steigung erahnen ließ, wies dieses Teilstück überraschend viele Höhenmeter auf. Die Straße zog sich extrem wellig am Hang entlang. Für die Strapazen wurden wir dann allerdings mit einer sehr schönen Kirche, die wir unterwegs besichtigten und dem grandiosen ersten Blick auf die Dolomiten entschädigt. Nach der flotten Abfahrt nach St. Vigil hinunter folgte ein kaum enden wollendes Asphaltstück mit moderater Steigung bis zum Talschluß. Dort wärmten wir uns im Rifugio Pederü etwas auf, denn es war inzwischen saukalt und windig geworden. Nachdem die Wirtin mir keinen Glühwein geben wollte, musste eine heiße Schokolade zur Erwärmung von innen beitragen. Dabei hörten wir uns das Geschwätz von so nem möchtegern Radprofi an, der seine Windjacke verloren hatte: "Ich bin da mal in ner dreiviertel Stunde zur Fanes Hütte hoch und wieder runter." Ja genau! Davon angespornt nahmen wir die steile Schotterpiste in Angriff. Uns blieb allerdings wenig Zeit die herrliche Landschaft zu genießen, da der eisige Wind uns schnell Richtung Hütte trieb. Das Rifugio Fanes glich eher einem Hotel als einer Hütte und so ließen wir uns von dem dortigen Luxus wie warmer Dusche mit Fußbodenheizung ordentlich verwöhnen. Die Preise blieben erfreulicher Weise relativ moderat. Nach einem guten Essen war auch dieser Tag geschafft.

Day 6
Fanes Hütte -> Rifugio Auronza - 1800 hm - 46 km

Am nächsten Morgen wurden wir vom Blick auf das Thermometer vor der Hütte geschockt - Minus 3 Grad! Dafür strahlte die Sonne auf uns herab, als wir die letzten Höhenmeter bis aufs Limojoch in Angriff nahmen. Die Große Fahnesalpe bot einen herrlichen Ausblick, bevor wir die Abfahrt in das wohl schönste Tal dieser Tour antraten. Wir stoppten zweimal um den malerischen Wasserfall und die legendäre Schlucht über den Travesnanze Bach zu besichtigen. Auf der Bundesstraße fuhren wir in wenigen Kehren hoch zur Ospedale, wo allerdings nur ein recht teures Restaurant zu finden war. Markus musste hungern und biss enttäuscht in einen trockenen Müsliriegel. Von dort aus führte unser Weg ins Val Grande, das uns auf den ersten zwei Kilometern mit einer extremen Steigung empfing. Danach folgte allerdings ein angenehm flaches Teilstück an einem malerischen Bergbach entlang. Je näher wir der Passhöhe kamen, desto steiler wurde auch wieder unser Weg, der stellenweise von Geröllabgängen zerstört worden war. Oben auf der Passhöhe erwartet uns dann ein grandioser Rundumblick und wir trafen auch das erste mal wieder auf Bergwanderer. Während der gesamten Fahrt durch das Val Grande waren wir keiner Menschenseele begegnet. Eine ekelhaft steile Abfahrt (bis zu 25%) führte uns hinunter zum Passo Tre Croci und von dort aus auf Asphalt zum Misurina See. In einer üblen Touri-Abzocke Kneipe stärkten wir uns mit Buitoni Fertig-Pasta und brachen zu unserem letzten Anstieg zum Rifugio Auronza auf. Wir sind froh, dass wir mit dem Rad unterwegs sind, denn für PKW hätte dieser Spaß 20 € gekostet. Dafür schmerzten unsere Oberschenkel heftig, als wir uns die steilen Serpentinen hinauf quälten. Oben angekommen gab es leider keine Duschen und die Zimmer wahren eisig kalt. Immerhin boot der Aufenthaltsraum einen Ofen um wieder aufzuwärmen und einen herrlichen Ausblick auf die umliegenden Berggipfel. Das Essen im für Berghütten unüblichen SB-Restaurant erfüllte seinen Zweck. Nach einem netten Gute-Nacht Plausch mit zwei hübschen Lenggrieserinnen auf unserem Zimmer schliefen wir in mehrere warme Decken gekuschelt ein.

Day 7
Rifugio Auronza -> Toblach - 0 hm - 30 km

Die Mädels inspirierten uns dazu früh aufzustehen und so saßen wir bereits um halb acht beim Frühstück. Anschließend machten wir uns zu Fuß auf die drei Zinnen zu umrunden. Nach dieser eindrucksvollen Wanderung begaben wir uns auf eine rasante, aber eiskalte Abfahrt zurück zum Misurina See und von dort aus weiter nach Toblach. Dort erwartete uns ein Mittagessen in einer Pizzeria bevor wir mit dem Zug die Heimreise antraten. Diese verlief zwar langwierig, aber dafür problemlos. Das obligatorische Einkehren im Hotel zur Post in Franzensfeste durfte natürlich nicht fehlen. Am Brenner trafen wir dann noch eine lustige Radlertruppe, die eine gebrochene Gabel und einen Gipsarm zu bieten hatten. Nach einer rießen Gaudi mit einigen total betrunkenen Wiesen-Heimkehrern kam ich spät in der Nacht endlich am Memminger Bahnhof an. Die letzten Kilometer bis zu mir nach Hause sind auch noch zu schaffen ...

Post Scriptum:
Mein Beileid gilt allen Radfahrern, die diese Woche nicht so glimpflich überstanden haben wie wir.